Die Steintrapezsärge auf Schneeberger Gemarkung
Als eindrucksvolle und historische Überbleibsel längst vergangener Zeiten (vor zirka 800 Jahren), kann man die Reste der zum Teil in unseren Wäldern, auf Schneeberger (und Rippberger / Hettigenbeuerner / Steinbacher ) Gemarkung liegenden beschädigten, unfertigen Trapez-Sandstein-Särge bezeichnen.
Im Jahr 1954 wurde im Schneeberger „Kohlwald“, südöstlich unterhalb von Beuchen und im Jahr 1961 am Schneeberger „Zweiteberg“ in Nähe der Landesgrenze Bayern / Baden-Württemberg, nördlich des Marsbachtales liegend, im Wald je ein Steinsarg entdeckt. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden Reste eines solchen Sandsteinsarges auch am Sommerberg, oberhalb von Schneeberg, in der Waldabteilung „Zwitscher“ entdeckt.
In den 1950ziger Jahren stellten der Gewerbeschulrat und Historiker Heiner Heimberger aus Adelsheim und Gotthilde Güterbock (*27.11.1906 +08.05.1992, Tochter des Fürstl. Lein. Verwaltungsdirektors und Präsident der F.L. Dominalverwaltung Dr. Albert Schreiber aus Amorbach) Nachforschungen über die Entstehung, Verwendung und Verbreitung dieser Särge unter Nutzung eines Aufsatzes von 1871 von F. v. Quast im Jahrbuch des „Vereins für Altertumsforschung im Rheinland“ an.
Ergebnis der Forschungen
Die Nachforschungen ergaben, daß diese Art von Steinsärgen in einer begrenzten Zeit, etwa in den Jahren 950 bis 1250 hergestellt und verwendet wurden. Unter Karl der Große (768-814, röm. deutscher Kaiser und König der Franken) wurde die Erdbestattung vorgeschrieben und die zur damaligen Zeit übliche Leichenverbrennung verboten.
Verstorbene aus der ärmeren Bevölkerung wurden damals in Leinentüchern, besser gestellte Personen in Holzsärgen beerdigt. Privilegierte kirchliche und weltliche Würdenträger und deren Angehörige wurden in Steinsärgen und kirchlicher und weltlicher Adel darüber hinaus in gemauerten Gräbern und Grüften beigesetzt.
Herstellung der Steinsärge
Die Särge stammen alle aus oberflächigen geeigneten Groß-Steinvorkommen, sie wurden nie in Steinbrüchen abgebaut, sondern aus vorhandenen Felsenmeeren gewonnen. Obenauf liegenden Felsblöcke wurden ausgesucht, die äußeren Umrisse grob zugehauen, die Wandungen markiert und dann im zirka 16 cm Abstand mit Keillöchern versehen und abgesprengt.
Die Besonderheit der Särge liegt in den schräg gestellten Seitenwänden, die zusammen mit der zum Fußende hin verjüngten Bodenfläche sowohl in Längs - und im Querschnitt eine Trapezform aufweisen. Zwei Steinmetze, einer oben einer unten arbeiteten an der Aushöhlung. Oft gingen dabei auch, so wie die auf unserer Gemarkung liegenden Särge, zu Bruch und blieben dann in diesem Zustand unbrauchbar und unvollkommen liegen. Sargdeckel in Trapezform, also auch zum Fußende schmäler werdend, sind nur selten erhalten geblieben.
Nur der Odenwald gibt Zeugnis dieser „Mittelalterlichen Steinindustrie“. Nur er kann solche Stellen vorweisen, weil sie alle in Waldungen liegen, die einst zum Besitz des Kloster Amorbach gehört haben. Hierdurch konnten zahlreiche Familien ernährt werden und es folgten dadurch weitreichende Handelsbeziehungen.
Man kann davon ausgehen, daß das Kloster Amorbach, das im Jahr 734 gegründet wurde, nicht nur allein Abnehmer, sondern sogar Hersteller und Lieferant von Trapezsärgen gewesen ist und damit einen ausgedehnten Handel betrieben hat. Natürlich kam dies der wirtschaftlichen Entwicklung des Kloster Amorbach in hohem Maße zugute.
Transport
Es gibt gesicherte Erkenntnisse, daß die fertigen, unbeschädigten Särge im Winter, bei Schnee und Eis, bei guter Gleit- und Rutschfähigkeit, zu Tale gebracht wurden. Es ist kaum zu glauben, aber diese schweren Steinsärge sollen dann teilweise mit Fuhrwerken, aber auch mit Flößen auf dem Marsbach und auf der Morre, über Billbach und Mud nach Miltenberg zum Main zum weiteren Transport auf die Schiffe gebracht worden sein.
Standorte der Särge aus dem Odenwald
Insgesamt wurden bis heute weit über 120 Särge dieser Art gefunden. Die Standorte befinden sich insbesondere in den Gebieten abwärts am Main und Rhein. Steinsärge dieser Art stehen im Frankfurter Dom, im Kloster Lorsch, in Wiesbadener und Kölner Museen, in Xanten am Niederrhein, in Utrecht in Holland, in den niederländischen Nordprovinzen, auf den Nordfriesischen Inseln, in Nieblum auf der Insel Föhr (benediktinische Gründung), in Schleswig, im Museum Kopenhagen, in Orten an der dänischen Nordseeküste und auf der Hallig Groede (Nordfriesische Inseln), um nur einige Orte zu nennen.
Die Särge waren später im Bereich der Nordsee teilweise als Treppenstufen oder auch als Tröge umfunktioniert worden, weil sie hinsichtlich von Meereseinflüssen wegen ihres großen Gewichtes nicht weggespült werden konnten.
Gesteinsuntersuchungen des geologischen Landesamtes Heidelberg ergaben: es gibt keinen Zweifel, daß die Groedener Särge aus dem Hauptbuntsandstein des Odenwaldes bestehen.