In der Glanzzeit des Weinbaus, etwa in der Zeit von 1550 bis 1800, gab es in Schneeberg ca. 80 Gewölbekeller, die nur für die Lagerung des Weines erbaut wurden. Nachweislich der älteste Keller stammt aus dem Jahr 1557, der „neueste“ dieser Weinkeller datiert von 1811. Jeder Keller war in früheren Zeiten durch ein darauf stehendes Kelterhaus geschützt. In den Kelterhäusern wurden die Trauben gekeltert, dort lagerten das Jahr über natürlich auch die Arbeitsgeräte, die man zur Weinlese und zum Keltern benötigte.
Schneeberger Gewölbekeller
Bei den Schneeberger Gewölbekellern handelt sich um sogenannte Tonnengewölbe. Diese sind architektonisch sehr alt. Schon die alten Römer hatten viele ihrer Bauwerke mit Gewölbedecken errichtet. Das Besondere an einem Tonnengewölbe besteht darin, dass das Gewölbe unter Spannung steht und daher freitragend ist. Das kann man an den beiden Übergängen zur Vorder- und Rückwand erkennen. Das Gewölbe liegt nicht auf den Wänden auf, sondern steht frei direkt dazwischen.
Im Gewölbe befindet sich ein Durchlass nach oben, dorthin wo früher das Kelterhaus stand. In den meisten Kellern ist er im Scheitel des Gewölbes, teilweise ist er leicht seitlich versetzt. Dort oben im Kelterhaus hat man im Herbst die Trauben gekeltert. Den Traubensaft wollte man nicht außen herum hierher in den Keller transportieren, sondern durch diese Öffnung konnte man den frisch gekelterten Most mit Holzrinnen oder Lederschläuchen direkt nach unten ins Fass leiten.
Der Kellerboden besteht aus gestampftem Lehm. Er ist sozusagen die Klimaanlage des Kellers. Der Lehm ist atmungsaktiv. Er kann Feuchtigkeit und Nässe aufnehmen (z.B. durch heruntertropfenden Moscht). Wenn sich der Keller erwärmt sorgt die verdunstende Feuchtigkeit für die sogenannte Verdunstungskühle. Der Lehmboden sorgt damit dafür, dass die Temperaturen in einem guten Gewölbekeller über das ganze Jahr hinweg relativ konstant liegen. Ein guter Keller weist über das Jahr Temperaturen zwischen 4 Grad und 12 Grad Celsius auf.
Im Herbst waren die Mietslöcher an den Seiten des Gewölbes sehr wichtig. Das Wort Mietsloch rührt von der Landwirtschaft und e Gartenbau her. Dort werden zur Winterlagerung Obst und Gemüse zu Mieten aufgehäuft und oft mit Sand oder Stroh bedeckt. Die Mietslöcher in den Kellern sind den Großteil des Jahres mit einem Strohballen verschlossen. Wenn im Herbst der Moscht in den Fässern zu gären anfing, wurde es im Keller gefährlich. Bei der Gärung entsteht Kohlendioxid, ein geruchloses Gas, das schwerer als Luft ist und sich hier über dem Boden sammelt. Um diese Gase aus dem Keller zu bekommen, hat man im Herbst die Mietslöcher und die Kellerschieber geöffnet und damit für Durchzug gesorgt. Mit den Kellerschiebern konnte zusätzlich die Temperatur im Keller beeinflusst werden. Tagsüber wurden die Schieber geschlossen, um die Wärme draußen zu halten. Spät abends wurden die Schieber geöffnet um die Kühle der Nacht in die Keller zu lassen. Seitlich entlang am Gewölbe lagen auf Eichenholz-Fasslagern die Fässer.
An der stirnseitigen Rückwand befinden sich ein oder sogar mehrere Nischen im Mauerwerk. Diese Nischen sind typisch für Schneeberger Gewölbekeller. Dort befanden sich üblicherweise empfindlichere Lebensmittel, zudem wurde dort die Kerze zur gleichmäßigen Beleuchtung des Kellers abgestellt. Sehr oft stand dort ein Steinguttopf mit Eiern, die man für den Winter eingelegt hatte.
Das Eingangstor befindet sich fast immer an der vorderen Stirnseite des Kellergewölbes. Wenn der Eingang auf der Südseite liegt, ist das Mauerwerk meist sehr massiv aufgebaut. Oft führt dann ein bis zu zwei Meter langer Treppentunnel hinunter zum Eingangstor (die Tür ist oft als Doppeltor ausgeführt). Durch diese Maßnahmen konnten die wärmenden Sonnenstrahlen vom Keller abgehalten werden.
Nach dem Übergang vom Weinbau zu Landwirtschaft und Obstbau wurden die Keller zunehmend zur Lagerung von Lebensmitteln und Futtermitteln genutzt. Die Weinfässer wurden durch Holzfässer für den "Odenwälder" Moscht ersetzt.
Kelterhäuser
Auf jedem Keller stand zur Blütezeit des Weinbaus ein Kelterhaus. Diese eingeschossigen Fachwerkscheunen hatten neben der Beherbergung der Kelter und des Arbeitsgerätes die Aufgabe, die darunter befindlichen Keller vor der Witterung zu schützen und die Wärme der Sonne abzuhalten. Die Gebäude waren in klassischer Fachwerk-Ständerbauweise mit Eichenholz- oder Weichholzbalken erstellt. Die Böden bestanden aus einer dicken Lehmschicht. Die Lehmausfachungen waren in klassischer Bauweise mit Steckhölzern (Stickscheiter) aus Eichenholz, Flechtwerk aus Haselnussstecken und Lehm mit Strohgemisch gefertigt worden. Die temperaturausgleichende Wirkung dieser Lehmbauweise trug wesentlich zum konstanten Klima in den Gewölbekellern bei.
In den Fachwerk-Kelterhäusern waren die typischen, aus Sandstein angefertigten Wein- und Moscht-Pressen untergebracht. Später folgten die ersten Spindel-Moscht-Keltern aus Gusseisen. Beim Keltern wurde der Rebensaft (und später der Apfelsaft) mit Hilfe von Trichtern sowie Holzrinnen oder Lederschläuchen über eine Öffnung im Fußboden direkt in den Keller und in die Fässer geleitet.
Nach dem Wandel von Weinbau zur Landwirtschaft und Obstbau wurden die Kelterhäuser auch zur Lagerung von landwirtschaftlichen Gerätschaften wie Pflüge, Eggen und Fuhrwerksgeschirr verwendet. Auch für die Aufbewahrung von nicht täglich benutztem Werkzeug waren die Kelterhausscheunen der richtige Ort. Während viele der Schneeberger Gewölbekeller noch erhalten sind, mussten die meisten Kelterhäuser Wohnhausbauten weichen.
Heute gibt es nur noch zwei, in leidlich gutem Zustand erhaltene Kelterhäuser. Das restaurierte Kelterhaus im Seifen wurde 2016 in die bayerische Baudenkmalliste eingetragen, seit 2020 steht es unter Denkmalschutz. Es beheimatet heute das KelterHausMuseum. Dort kann man auf kleinstem Raum Informationen über die Blütezeiten des Wein- und Obstbaus sowie über das landwirtschaftlich geprägte Dorfleben unserer Vorfahren erhalten.
Ausführliche Informationen zu den Schneeberger Kellern und Kelterhäuser finden Sie unter www.kelterhausmuseum.de